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  BeitragVerfasst: 06.05.2009, 15:49 Betreff des Beitrags: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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AT: Die Weltensegler (eine Geschichte in Fortsetzungen)

Es mag manchem unwirklich erscheinen, aber was ich hier berichte ist wahr und ebenso geschehen, wie ich es hier niederschreibe, mag auch meine Erinnerung von vielen Wünschen verklärt sein, so gebe ich nur wieder, was sich vor vielen Jahren tatsächlich zugetragen hat.
Manche Menschen sprechen vom Schicksal, wenn sie ihrem Lebensmenschen begegnen, andere von Zufall, doch in einem sind sich fast alle einig: es musste so kommen, wie es gekommen ist.
Vor vielen Jahren also, als ich noch ein junger Mann war, unentschlossen durch die Welt irrte, nach meiner Bestimmung und meiner großen Liebe suchend, jedoch nicht wusste, wonach ich genau Ausschau hielt, spielte mir das Schicksal einen Schlüssel zu, von dem kaum jemand weiß, dass es ihn gibt.
Es war das Jahr 1935. Europa war im Wandel, und die Zeit hatte den Menschen übel mitgespielt. Nach dem Krieg waren ganze Landstriche entvölkert gewesen, und in den Städten tummelten sich Menschen aller Alters- und Gesellschaftsklassen, um Brot und Arbeit zu finden. Nur wenige hatten die Wirren des Krieges überstanden. Und dann waren die 20er Jahre gekommen, mit übertrieben fröhlichen Parties, verschwenderischem Luxus und willigen Frauen, die in der Hoffnung, das große Los zu ziehen, mit jedem gut aussehenden Mann mitgingen, und nur allzu oft Monate später Kindesmordes wegen verurteilt wurden.
Damals, 1935, war ich ein Student der Physik, ich reiste durch die Hauptstädte Europas, um an den verschiedenen Universitäten den berühmtesten Gastdozenten zu lauschen. Wie ich es mir leisten konnte? Ich war das einzige Kind eines alten Adelsgeschlechts, und mochte der Krieg und die Wirtschaftskrise der 20er Jahre vielen ihre Existenz geraubt haben, meine Familie stand weiterhin wohlhabend der Dunkelheit des Zerfalls gegenüber. Außerdem waren wir mit faktisch ganz Europa verwandt, und so fand sich in London, Paris, Amsterdam und Zürich eine alte Großtante, die mich für die Dauer meines Aufenthalts verköstigte.
Es war eine wirre Zeit, und mich zog es nach langem, ausschweifendem Reisen und vielen guten Zeugnissen und Arbeiten, wieder in die Heimat, genauer gesagt nach Berlin, wo ein Wissenschaftler der Physik gerade in diesen Zeiten viel Zuwendung finden konnte. Zuwendung im Sinne von Geld und Liebschaften, damit da keine Zweifel aufkommen.
Ich bewarb mich an den großen Instituten, und kleineren Forschungsarbeiten, doch nirgends sprach mich die Aufgabe, welche mir zugeteilt werden sollte, wirklich an. Schließlich wurde mein Vater wütend, er schrieb mir einen erbosten Brief, denn zum Anreisen hatte er keine Zeit: „Johann Albert Sibelius, ich bin von dir über alle Maßen enttäuscht. Nach all den Jahren auf Studienreisen wäre es meines Erachtens nach an der Zeit, dass du dich endlich dem wahren Leben stellst, eine Stellung annimmst, sesshaft wirst und dem Namen deiner Familie Ehre bereitest. Deine Mutter hat einen alten Bekannten in Berlin, welcher Doktor der Physik ist und besondere Forschungen in einem abgeschiedenen Labor vornimmt. Sie hat ein gutes Wort für dich eingelegt, und ich rate dir mit allem guten Willen, welchen ich dir entgegenbringen kann, diese Stellung nicht auszuschlagen. Denn von uns wirst du nur mehr deine Unterkunft erhalten, für alles Weitere sollst du fortan selbst aufkommen. Mach uns stolz. Deine Eltern.“
Soweit so gut, dachte ich also, und machte mich in diese Brunnenstrasse auf, welche etwas außerhalb der Stadt gelegen war, und fand dort rasch das Haus mit der Nummer 23. Es war eine Villa, etwas heruntergewirtschaftet, aber noch prächtig, mit weitläufigen Länderein, und einem hohen Zaun, welcher mit einer Hecke verwachsen war, und neugierigen Blicken keinen Zutritt gewährte. Ich läutete, und noch ehe ich mich umsehen konnte, führte mich ein seltsamer, nervöser älterer Mann in die Empfangshalle, schloss die Tür hinter mir und eilte mit den Kerzen, dem einzigen Lichtspender in diesen Hallen, davon. Einige Türen knarrten und ich hörte das Leise piepsen einer verirrten Ratte, ehe das Licht wiederkehrte, diesmal in der Hand eines wohlgenährten Herren, welcher wohl an die 50 Lenze zählte. Sein Haar war ergraut und seine Augen zitterten nervös als er mir die Hand gab und sich als Doktor Ebenstein vorstellte, der Bekannte meiner Mutter.
“Söhnchen, ich habe mich schon gefragt, wann Sie kommen.“ Meinte er hektisch, versuchte aber freundlich zu lächeln, was ihm nicht gelang, da seine Zähne in einem grauenhaftem Zustand waren und sein aufgedunsenes Gesicht noch erschreckender wirken ließen. „Ich habe Sie sehnsüchtig erwartet. Ihre Mutter meinte, Sie wären ein kleines Genie. Nun, wir werden bald sehen, wie viel Genie in Ihnen steckt.“ Er wandte sich um und deutete mir, ihm zu folgen, doch ich blieb stehen. „Warten Sie bitte, bevor ich mich ihnen anschließe, würde mich doch interessieren, welchen Forschungen Sie hier nachgehen? Ich will nicht eitel erscheinen, doch bin ich manchen Gebieten der Physik weniger zugetan als anderen.“ Dr. Ebenstein lächelte noch breiter, was mich erneut erschauern ließ.
„Mein Junge, ich war dereinst genau wie Sie, unentschlossen und skeptisch. Bis ich dies gefunden habe, was auch in Ihnen gewiss Neugierde aufkommen lassen wird.“
Ich seufzte, denn ich mochte es nicht, meinem Gegenüber, und wenn es ein erfahrener Forscher war, alle Informationen mühsam entlocken zu müssen. „Und was ist das, was Sie umdenken ließ?“
Dr. Ebenstein grinste nun hämisch, und mir wurde kalt in meinem Genick. Dann sagte er: „Die Weltensegler.“

To be continued…


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  BeitragVerfasst: 06.05.2009, 18:27 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Wow, ganz klasse und spannend erzählt!!!!! Wann geht es weiter?????????????????? :read:

Liebe Grüße
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  BeitragVerfasst: 06.05.2009, 18:41 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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wie wäre es mit jetzt? ;)

Ich holte einmal tief Luft, und versuchte nicht zu gereizt zu antworten. „Die Weltensegler.“ Wiederholte ich so sachlich wie möglich. Dr. Ebenstein nickte. „Und was genau sollen ordinäre Segler, die um die Welt fahren, mit Physik zu tun haben?“
„Das ist schwierig zu erklären, aber ich möchte es Ihnen gerne zeigen. Danach können Sie immer noch entscheiden, ob Sie bleiben möchten oder nicht. Aber ich sage Ihnen jetzt schon, gewöhnliche Segler sind mit Weltenseglern nicht gemeint.“
Ich nickte trotzig, und folgte ihm schließlich doch in jenen finsteren, schmalen Gang, der neben der Treppe vorbei führte. An den Wänden hingen unheimliche Bilder, die mehr verstaubt waren als ihr Alter gezeigt hätte. Es waren Gemälde von Menschen, vermutlich Verwandte des Doktors, doch sicher war ich mir nicht. Nur kurz fiel der Schein des Lichtes auf diese Gesichter, und noch viel kürzer warf ich einen Blick auf sie. Ich wollte mich später nicht daran erinnern.
Der Gang war länger, als ich erwartet hätte, denn von außen sah das Haus zwar groß aus, aber gewiss nicht dermaßen gigantisch, wie der Weg nun auf mich wirkte.
Schließlich erreichten wir eine Tür, welche eine Treppe in den Keller verbarg. Wie aus einem schlechten Horrorschmöker war dieses Haus entsprungen, und erfüllte jedes Klischee, das man sich aus diesem Literaturgenre aussuchen konnte. Alleine das zuckende Licht eines Blitzes in einer stürmischen Gewitternacht fehlte, um das Bild abzurunden.
Und als hätte ich es geahnt, wartete im Labor ein buckliger Gehilfe, mit einem grauenhaft verformten Gesicht, auf die Rückkehr des Professors. Ich hielt Ausschau nach einem Tisch mit Hand- und Fußfesseln, und darauf, betäubt und das Versuchsobjekt dieser beiden „Wissenschaftler“ zu werden, doch nichts geschah.
Der Professor stellte den Kerzenleuchter ab, und blies die Kerzen aus. Es war im Labor hell genug. Dann deutete er seinem Gehilfen, und dieser brachte rasch einen weiteren Stuhl zu einem großen Holztisch, auf dem bereits drei Gedecke lagen, und duftendes Essen stand. Da meine Eltern mir jegliche finanzielle Zuwendung gestrichen hatten, nahm ich seine Einladung zum Essen dankend an.
Als wir Platz genommen hatten, lief der Assistent – Igor, wie ihn Dr. Ebenstein genannt hatte, wobei ich mir ein Lachen heftig verkneifen musste – wirr um den Tisch herum, reicht mal dem Doktor mal mir Gewürze und schenkte Wein ein, ehe er sich selbst niederließ und wortlos zu essen begann.
Ich musste ihn einige Zeit lang fasziniert beobachtet haben, denn der Doktor sagte schließlich zu mir: „Igor ist nicht von hier. Seine Familie ist nach dem Krieg nach Deutschland gekommen. Es war für ihn schwer, eine Stellung zu finden, da er ein Krüppel ist. Ich habe ihn aufgenommen, und vieles gelehrt. Auch ist er ein guter Diener, denn er kann weder lesen noch sprechen, und somit keine Geheimnisse verraten.“
Ich nickte, doch eigentlich interessierten mich die Worte des Doktors nicht. Ich genoss das gebratene Fleisch und den Wein. Entweder verdiente der Doktor – womit auch immer – gut, oder er war aus einer wohlhabenden Familie entsprungen, Fleisch und Wein dieser Güte waren auch für teures Geld nur schwer zu bekommen.
Nachdem das Mahl beendet war, räumte Igor die Teller ab, und verließ das Labor schließlich leise. Der Doktor war inzwischen an einen brunnenförmigen Schacht getreten, und wartete einige Augenblicke nach Igors Abschied, ehe er das Wort erhob.
“Nun, die Weltensegler. Sie meinten, es wären normale Segler, welche die Welt umschiffen, habe ich Recht? Und Sie fragten mich, inwiefern dies mit Physik zu tun habe. Nun, ehrlich gesagt, nichts.“
Ich rollte innerlich meine Augen. Worauf wollte dieser Doktor nur hinaus?
„Es handelt sich hier aber nicht um gewöhnliche Segler, wie ich Ihnen schon sagte. Es hat ehrlich gesagt überhaupt nichts mit Segeln an sich zu tun. Der Name ist eine Erfindung von mir. Aber ich will Sie nicht länger mit diesen Fakten langweilen. Ich möchte Sie nur bitten, einen Blick in diesen Schacht zu werfen. Dann werden Sie es verstehen.“
Mir war ein wenig mulmig bei dem Gedanken, an den Schacht zu treten, und hineinzusehen, während mich der Doktor ohne Zeugen hätte töten können. Doch andererseits hatte ich nichts zu verlieren, mein Tod würde ans Licht kommen, dessen war ich mir sicher.
Also trat ich an den Schacht heran, und blickte in die tiefe Dunkelheit eines prall gefüllten Brunnens.
“Und was soll ich sehen?“ fragte ich, bereits gereizter, denn ich konnte meinen Missmut nicht mehr wirklich verbergen.
„Warten Sie einen Augenblick, und es wird sich Ihnen offenbaren.“
Wieder rollte ich innerlich mit den Augen, und blickte weiter in den schwarzen Hals des Brunnens. Es dauerte nicht lange, da erstrahlte das Wasser plötzlich abwechselnd in hellstem Blau und grellem Weiß, und schließlich musste ich meine Augen bedecken, denn das Licht war zu stark.
„Sehen Sie hinein!“ rief der Doktor, und drehte mich wieder dem Brunnen zu, als ich wegsehen wollte.
Widerwillig öffnete ich die Augen, und anstatt des Schmerzes durch das Licht, welchen ich erwartet hatte, bot sich mir ein seltsames Schauspiel im Brunnen.
Im Zentrum hatte sich ein Zyklon gebildet, der nun von einem Ring aus Licht umrandet wurde, und das Wasser in der Mitte des Zyklons war trübe. Als würden sich Wolken wegschieben, lichtete sich die Trübheit, und ich erblickte, was der Doktor gemeint hat.

To be continued...


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  BeitragVerfasst: 06.05.2009, 22:08 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Klasse!!! Das wird ja immer spannender!!!!!! Meeeeeehhhhhhhrrrr!!!!!!

Liebe Grüße
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  BeitragVerfasst: 07.05.2009, 10:34 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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boah, das liest sich megaspannend, Klasse, Silvershade, weiter so. :III: und danke vielmals, das wir es lesen dürfen. :mmh:

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  BeitragVerfasst: 08.05.2009, 10:09 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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freut mich, wenn es euch gefällt. ich hoffe ich komm dazu, noch eine passage reinzustellen.. ;)

danke euch!


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  BeitragVerfasst: 08.05.2009, 17:04 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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sogar unser mittlerer hat es bereits gelesen und er fragte bereits,"Mama, wann geht es weiter? Das ist ja spannend" :1aa: :d!: :clap:

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  BeitragVerfasst: 09.05.2009, 19:34 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Ich sah eine Vielfalt an Gesichtern, welche durch das noch leicht trüber Wasser schwebten, und nach den Gesichtern erblickte ich verschiedene Städte, Länder. Ich erkannte Dinge, die schon vergangen waren, Dinge, die ich selbst erlebt hatte, und Dinge, welche mich eine ferne Zukunft erahnen ließen. Ich sah Dinge, wie sie jetzt geschahen, aber anders, als sie wirklich geschahen, und ich sah Menschen, denen ich begegnet war und die in anderen Posten waren, als ich sie kannte.
Und dann verschwanden sie, und das Wasser wurde erst trüb und dann dunkel, als wäre nichts geschehen. Ich taumelte wohl einige Schritte zurück, denn schließlich fühlte ich, wie Dr. Ebenstein mich auffing. Er führte mich auf einen Stuhl, der in der Nähe stand und reichte mir ein Glas Wasser.
“So, mein Junge, Sie sind also auch ein Weltensegler.“ Ich trank das Glas Wasser leer. Ich verstand nicht, was er mir zu sagen versuchte. Als hätte der Doktor meine Gedanken gelesen, redete er weiter: „Igor ist kein Weltensegler. Wenn er in den Brunnen sieht, sieht er nur Wasser, dunkles, tiefes Wasser. Nie würde der Strudel ihm die Dinge preisgeben, die es Ihnen enthüllt hat.“
Ich nickte, aber ich verstand nichts. Meine Gedanken mussten sich ordnen, und nichts ergab Sinn.
“Es sind andere Welten. Parallelwelten, wie viele Forscher sie nennen mögen, und sie nur in der Theorie kennen. Dies aber ist die Praxis, mein Junge. Diese Welten sind real, so real wie unsere. Manche ist zeitlich unserer voran, manche gleich auf und manche sind weit hinter uns. Nicht jede von ihnen ist mit unserer verbunden, doch viele sind uns zugänglich, und wir können sie beobachten.“
Ich schluckte heftig, als würde ich dadurch die Last, die auf mir lag, hinwegspüren, doch diese Befangenheit, die sich in meinem Kopf breit machte, blieb. „Diese Welten, sehen sie uns auch?“
„Natürlich, mein Junge, wenn wir sie sehen können, sehen sie uns auch. Dieser Brunnen ist das Tor zu ihnen, es öffnet sich nicht jedem, und nicht jeder kann es betreten. Und nicht jeder kann hindurch sehen, um die anderen Welten zu beobachten. Aber Sie können es, und darum möchte ich, dass sie fortan mein Assistent sind, und die Dinge tun, die Igor nun einmal nicht tun kann. Haben Sie Interesse?“
Ich weiß nicht mehr, was ich darauf gesagt hatte, ich erinnere mich nur, dass ich am nächsten Tag wieder kam, vom Doktor einen weißen Kittel bekam, und Igor wieder das Labor verließ. Dann begann der Doktor, mir einige Bücher und Notizen in die Hände zu drücken, und wirres Zeug auf mich nieder rieseln zu lassen. Ich hörte nur teilweise zu, denn ich konnte nur mehr an den Brunnen und was sich in ihm zugetragen hatte, denken.
„Haben Sie alles verstanden?“ Ich sah den Doktor verwirrt an. „Es ist ein wenig…“ „Unglaublich? Ja, das ist es.“
“Was ist meine Aufgabe?“
Der Doktor sah mich an, als hätte er die ganze Zeit von nichts anderem geredet, doch ich wusste, dass er nur von diversen Verschiebungen in den Atmosphären und Zeitsprüngen gesprochen hatte. Dann antwortete er: „Für den Anfang werden Sie nicht in die Welten segeln. Sie werden hier bleiben, und meinen Fortschritt überwachen, und notieren, was sich in den Welten zuträgt. Denn eines ist gewiss: alles, was wir in den anderen Welten tun, hat Auswirkungen auf die ein oder andere Welt. Und wenn ich Hilfe benötige, werden Sie mir helfen, zurückzukehren. Denn es gibt stets ein Zeichen, welches uns zeigt, wann wir umzukehren haben, um nicht zwischen den Welten gefangen zu sein. Wenn ich es nicht schaffen sollte, müssen Sie mich zurückholen.“
„Ist dies ein staatlich gefördertes Projekt?“ Als ob mich wirklich interessiert hätte, woher das Geld für diese Forschung stammte, so lange ich das Geld rechtzeitig jede Woche in Händen hielt, um damit meinen Lebensstil zu finanzieren.
Der Doktor lächelte, und mir wurde wieder kalt. „Unter dem Kaiser wurde dieser Brunnen gefunden. Zuerst wussten wir nicht, was dieser Fund für uns bedeutete. Mein Vater war damals ein bekannter Physiker, und der Kaiser selbst setzte ihn auf dieses Projekt an. Nach dem Krieg wussten nur noch wenige Eingeweihte davon. Als mein Vater starb, hatte er mir alles gezeigt, was es zu wissen gab. Nur mehr wenige der Eingeweihten sind am Leben. Der Staat zahlt für unsere Forschungen, doch weiß er es nicht. Hoffen wir, dass es so bleibt, und uns niemand beaufsichtigen möchte. Denn wie gesagt, alles, was wir in den Welten verändern, hat auch auf andere Welten Auswirkungen, vielleicht auch auf unsere.“
Der Doktor sah auf die Uhr. „Es ist schon recht spät, belassen wir es für heute bei dem, was ich Ihnen gesagt habe. Morgen werde ich Ihnen zeigen, wie man durch die Welten segelt, vorerst werden Sie nur beobachten. Lesen Sie sich die Notizen durch, sie könnten sich als nützlich erweisen. Wir sehen uns morgen, Punkt acht Uhr. Dies ist die beste Zeit, um die Welten zu bereisen.“
„In Ordnung, bis morgen.“ Stammelte ich, während ich das Labor mit drei dicken Notizbüchern verließ.

*Fortsetzung folgt*


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  BeitragVerfasst: 09.05.2009, 19:36 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Michi hat geschrieben:
sogar unser mittlerer hat es bereits gelesen und er fragte bereits,"Mama, wann geht es weiter? Das ist ja spannend" :1aa: :d!: :clap:



Wow, das freut mich, wenn es euch so gut gefällt, und sogar deine Kids gerne lesen.. ;) Was für ein Kompliment!

DANKE!

GLG


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  BeitragVerfasst: 09.05.2009, 19:56 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Ich habe ihm es bereits ausgedruckt, damit er weiter lesen kann. Es ist klasse geschrieben, du hast echt ein Händchen dafür. Ich freue mich auf jedes neues Kapiel, welches ich lesen darf davon. es fesselt einen absolut. Nur weiter so, ich bin begeistert.

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  BeitragVerfasst: 10.05.2009, 17:33 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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liebe michi,

es freut mich sehr, wenn euch meine geschichte fesselt...
wenn du möchtest, kann ich dir mal meine "gesammelten" werke (also ein paar angefangene geschichten, sowie meinen angefangenen roman) schicken.. ;)

stelle gleich das nächste kapitel hier ein... ;)

lg


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  BeitragVerfasst: 10.05.2009, 17:34 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Ich las den ganzen Abend und die gesamte Nacht in den Notizbüchern, die teils vom alten Doktor, teils vom „jungen“ Doktor verfasst worden waren. Darin waren Tagebücher der Reisen in andere Welten als auch so manche Notiz über das Segeln an sich enthalten.
So hatte der alte Doktor die Quelle dereinst einem verarmten Grafen abgekauft, und war mitsamt seiner Familie in dieses Haus gezogen. Vorerst beobachtete er nur die anderen Welten, bis er entdeckte, wie er in sie hineinsegeln konnte. Den Begriff segeln hatte – anders als Dr. Ebenstein mir gesagt hatte – der alte Doktor verwendet, da der Übertritt in die Welten einer frischen Meeresbrise glich, welche die Segel des Schiffes aufblähte und so vorantrieb. Er erklärte allerlei Dinge von denen er nichts Genaues wusste, wie etwa die Verschiebung der Zeiten in den Welten, und notierte in seinem Tagebuch eine Reise in die prähistorische Vergangenheit unserer Welt, und war sich anfangs nicht sicher, ob der Brunnen nicht eine Zeitmaschine war.
Er beschrieb das Erlebte in allen Einzelheiten, und wie er sich anfangs fürchtete, was in jener Welt geschehen würde, wenn er ein Dinosaurierei entwendete, und was in unserer Welt passieren würde, wenn es schlüpfte.
Der jüngere Doktor beschrieb eine Reise ins tiefe Mittelalter als seine erste, und erklärte, wie gefährlich es gewesen war, das richtige Zeichen zur rechten Zeit zu erkennen, um umzukehren.
Auch wurden Theorien näher erklärt, in deren Zeit die Doktoren sich befanden. So etwa, was es mit Stonehange auf sich hatte. Denn der jüngere Doktor war dort hin gereist um zu erfahren, was es damit auf sich hätte. So nahm er an, dass Stonehange dereinst auch eine Quelle besaß, und eines der Tore in eine andere Welt war. Er wäre beim Bau dort gewesen, und fand eine Wasserstelle vor, die von den Kelten als heilig angebetet wurde. Heute ist davon jedoch nichts mehr zu sehen, vermutlich, weil sie von den Druiden zerstört wurde, da sie eine zu große Gefahr bedeutete.
Ich las von einem Moment, als ein anderer Weltensegler durch dieses Portal unsere Welt betrat, und erfuhr, dass die Doktoren einige Welten mehr als einmal besucht hatten, jedoch feststellten, dass viele Leute, die sie beim ersten Mal getroffen hatten, sich nun nicht mehr an sie erinnerten.
Während ich so las, aß ich eine Fleischpastete, welche mir der Doktor einpacken hatte lassen. Er bestand darauf mich mit der Nahrung zu versorgen, welche er teilweise aus Welten mitbrachte, die unserer Zeit voraus waren, und in denen Lebensmittel nicht unerschwinglich oder einfach ausverkauft waren.
Ich fand ein Foto, wie ich es noch nie gesehen hatte in den Tagebüchern. Es stellte den jüngeren Doktor und einen anderen Mann, der wie ein Wissenschaftler gekleidet war, dar. Doch waren die Farben bunt und klar erkennbar, das Bild wirkte bewegt und nicht so steif, wie die Portraitfotos, die ich kannte. Und das Papier war von eigener Beschaffenheit, ich hatte so etwas noch nie gefühlt. Zweifelsohne stammte dieses Bild aus einer Welt, die unserer weit voraus war.
Als der Morgen dämmerte, machte ich mich auf den Weg zum Labor. Ich war kaum müde, ich war so aufgeregt und gespannt, was mich beim Übertritt des Doktors in die andere Welt erwarten würde.
Ich hatte nur gelesen, wie man es schaffte, zwischen den Welten zu wählen, also nicht per Zufall in eine hineinzusegeln, doch wie man es schaffte, den Übertritt zu bewältigen, das hatte ich nicht erfahren.
Darum war ich auch ein wenig skeptisch, ob all das wirklich stattfinden würde, oder ob es sich dabei nur um einen großen Betrug des Doktors handelte, um Regierungsgelder zu erhalten, und ob er in den Brunnen sprang, nur um dann mit schallendem Gelächter und klatschnass wieder herauszukommen, und mir zu erklären, dass es ihm Spaß bereitet hätte, mir einen Bären aufzubinden.
Doch ich würde es bald wissen. Denn ich erreichte bereits die Villa, während mir mein Kopf alle möglichen Lügen aufzudecken versuchte. Ja, aus der Neugierde war binnen weniger Minuten Skepsis geworden, ob das alles real war oder einfach nur gut gefälschte Beweise.
Der bucklige Igor öffnete mir die Tür, und ich trat ein. Er beäugte mich skeptisch, und deutete mir mit einem Murren mich zu beeilen. Ich lief den engen, dunklen Gang entlang, obwohl ich ihn noch nicht so oft durchschritten hatte, so war er mir schon vertraut. Mein Herz schlug schneller als das Hufgetrappel eines Rennpferdes, und ich konnte meine Neugierde kaum noch zügeln, doch die Tür schien so weit entfernt zu sein, als wäre sie bereits in einer anderen Welt versunken.
Noch ehe ich sie erreichte, wurde sie von Innen geöffnet, und der Doktor trat heraus. „Ah, da sind Sie ja endlich. Wo bleiben Sie denn so lange?“
Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Es war kurz nach sieben Uhr und ich wusste nicht, ob der Doktor nun sieben Uhr oder acht Uhr gesagt hatte. Dann warf auch der Doktor einen Blick auf seine Uhr, und sein Blick wurde freundlicher.
“Oh, entschuldigen Sie, ich bin es gewohnt, dass Physiker unpünktliche Menschen sind, und habe über der Arbeit die Zeit nicht beachtet. Nun, umso besser, dass sie schon so früh hier sind. Dann will ich Sie nicht länger im Ungewissen belassen. Sie haben sich die Notizen durchgelesen, nehme ich an?“
Ich nickte, und mein Puls war nun fast hörbar. Ich fragte mich, wann der Doktor nach dem ungewöhnlichen Pochen, das aus meiner Richtung kam, fragen würde. Doch er wandte sich um und betrat die Treppen zum Labor. Knarrend übertönten sie nun meinen Herzschlag, der sich immer noch nicht beruhigen wollte.
Ich legte die Notizbücher auf den Tisch neben dem Brunnen, und wollte einen Blick hineinwerfen, doch der Doktor hielt mich zurück. „Öffnen Sie das Tor nicht, ehe ich Ihnen nicht alles erklärt habe.“ Er öffnete die verschlossene Schublade in seinem Schreibtisch, und entnahm eine alte Taschenuhr. Sie musste gute 200 Jahre alt sein, doch für mich schien sie sonst kaum von Wert zu sein. Doch der Doktor streichelte zärtlich über die Gravur auf der Rückseite, als wäre diese Uhr das wertvollste Stück dieser Welt.
„Kommen Sie, Junge, sehen Sie sich das an.“ Ich machte einen Schritt auf ihn zu, und er hielt mir die Uhr vor Augen. Ein seltsames Muster zierte den Deckel der Uhr, und als ich sie öffnete, war darin kein Ziffernblatt, sondern ein weiteres Muster, das einem Kompass ähnelte. Fragend sah ich den Doktor an.

*Fortsetzung folgt*


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  BeitragVerfasst: 10.05.2009, 19:18 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Schwedenkoch
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Registriert: 11.06.2006, 09:58
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Serh schöne und interessante Geschichte!! Super.... weiter so!!

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Gruss
Stephan

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  BeitragVerfasst: 10.05.2009, 19:21 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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silvershade hat geschrieben:
liebe michi,

es freut mich sehr, wenn euch meine geschichte fesselt...
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gerne doch, würde mich sehr darüber freuen.Michi

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  BeitragVerfasst: 10.05.2009, 21:18 Betreff des Beitrags: Re: Kurzgeschichte - Die Weltensegler
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Danke Stephan,

freut mich, wenn dir die Geschichte gefällt.. Morgen gehts weiter!

GLG


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