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Wissenswertes über Demenz
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Autor:  Michi [ 20.01.2010, 14:05 ]

Symptome

Im Vorfeld einer Demenz sind oft psychische Störungen zu beobachten, die häufig kaum von denen einer Depression unterschieden werden können, wie zum Beispiel Verlust von Interessen und Eigeninitiative, Reizbarkeit, Gefühl der Überforderung, Verlust der affektiven Schwingungsfähigkeit, depressive Verstimmungen.
Mehrspeichermodell des menschlichen Gedächtnisses
Kognitive Symptome

Leitsymptom aller Demenz-Erkrankungen ist die Störung des Gedächtnisses, vor allem des Kurzzeitgedächtnisses. Die Vergesslichkeit ist zunächst etwas Normales. Oft ist zumindest in den Anfangsstadien die äußere Fassade der Person dabei gut erhalten, sodass die Gedächtnisstörungen im oberflächlichen Kontakt sehr gut überspielt werden können. Dies gelingt besonders gut den Menschen, die ihr Leben lang viele soziale Kontakte hatten - der verbindliche Umgangston ersetzt streckenweise den Inhalt der Botschaft (Kommunikation).

Später verlieren sich länger zurück liegende Gedächtnisinhalte. Wenn die Demenz fortschreitet, treten auch andere Störungen der Hirnfunktion hinzu, wie zum Beispiel Wortfindungsstörungen, Rechenstörungen und Störungen der Raumwahrnehmung, sodass sich die Betroffenen häufig verlaufen, besonders wenn in der ihnen über Jahrzehnte geläufigen Umgebung bauliche Veränderungen stattfinden.

Im weit fortgeschrittenen Stadium erkennen die Betroffenen schließlich nicht einmal ihre engsten Angehörigen wieder. Sie werden völlig apathisch, bettlägerig und inkontinent.

Die Demenz schränkt die Lebenserwartung ein. Die Demenz selbst ist aber keine Todesursache, sondern die durch die Demenz begünstigten Erkrankungen.
Motorische Symptome [Bearbeiten]

Auch motorische Störungen gehören meist zum Bild einer fortgeschrittenen Demenz, wenn es sich nicht um eine Demenz-Erkrankung handelt, die mit motorischen Störungen beginnt, wie zum Beispiel das Parkinson-Syndrom. Die Patienten werden zunehmend steif am ganzen Körper. Ihr Gang wird kleinschrittig, schlurfend und breitbeinig. Sie sind fallgefährdet, auch weil es zu einer Störung der Haltereflexe kommt.
Verhaltensstörungen

Die Verhaltensstörungen bei Demenzkranken werden neuerdings BPSD = ("Behavioural and Psychological Symptoms of Dementia") genannt.[22] Darunter zählt man heute die Apathie (76,0%), "Aberrant motor behaviour" (d.h. zielloses Herumirren) (64,5%), Essstörung (Essen von Unessbarem) (63,7%), Gereiztheit/Labilität (63,0%), Agitation/Aggression (62,8%), Schlafstörungen (53,8%), Depression/Dysphorie (54,3%), Angst (50,2%), Wahn (49,5%), Enthemmung (29,5%), Halluzinationen (27,8%), und Euphorie (16,6%). Die Klammern beziehen sich auf die Prävalenz der 12 BPSD bei Alzheimer-Patienten.[23]

Psychotische Symptome können bei allen Demenzformen auftreten. Relativ typisch sind sie für die Lewy-Body-Demenz, die Demenzform beim Parkinson-Syndrom. Es handelt sich vor allem um optische Halluzinationen. Typischerweise sehen die Betroffenen zunächst vor allem im Zwielicht der Dämmerung nicht anwesende Personen, mit denen sie mitunter sogar Gespräche führen. Die Patienten können sich in diesem Stadium meist von ihren (Pseudo-)Halluzinationen distanzieren, das heißt sie wissen, dass die Personen, mit denen sie sprechen, nicht anwesend sind. Später sehen sie Tiere oder Fabelwesen, Muster an den Wänden, Staubfussel. Schließlich erleben sie groteske, meist bedrohliche Dinge, zum Beispiel Entführungen. Diese szenischen Halluzinationen sind in der Regel sehr angstgefärbt. Die Patienten werden nicht selten aggressiv, wenn sie die sich in besten Absichten nähernden Angehörigen und Pflegenden in ihr Wahnsystem einbauen. Hier sind die Übergänge zum Delir fließend.

Demenz-Kranke verlieren ihre Eigeninitiative. Sie vernachlässigen ihre früheren Hobbys, ihre Körperpflege und das Aufräumen ihrer Wohnung. Schließlich sind sie nicht mehr in der Lage, sich ausreichend zu ernähren. Sie haben keinen Antrieb zum Essen, verlieren das Hungergefühl und vergessen schließlich, die Nahrung zu kauen und herunterzuschlucken. Sie magern ab und werden anfällig für internistische Erkrankungen wie zum Beispiel eine Lungenentzündung. Verschiebungen im Tag-Nacht-Rhythmus können erhebliche pflegerische Probleme bereiten.
Erleben demenzkranker Menschen

Wenn man versucht, sich in die Gefühlswelt demenzkranker Menschen hineinzuversetzen, fällt die Kommunikation mit ihnen leichter.

Für Demenzkranke sieht die Welt merkwürdig und unverständlich aus, weil sie die spezifische menschliche Wahrnehmungsfähigkeit, die Orientierung, verlieren. Sie können die Gegenstände, Situationen und Personen nicht in einen größeren Kontext einordnen. Aufgrund ihrer Erinnerungsstörungen ist ihnen der Zugriff auf früheres Wissen (semantisches Gedächtnis) und Erlebnisse (episodisches Gedächtnis- zurücklöschend) verwehrt, um sich mit deren Hilfe in der jetzigen Situation zurechtzufinden. Es fehlt das Wissen und die Sicherheit von Ressourcen, die der Bewältigung aktueller Situationen dienen. Oft verschwimmt der Unterschied zwischen Traum, Vergangenheit und Realität. Oft kommt es zu Halluzinationen, die für die Betroffenen als real erlebt werden. Im Umgang mit dementen Personen ist es oft nicht möglich, diesen die Irrealität der Halluzinationen zu erklären. Im Idealfall erfassen die Pflegenden die hinter den Halluzinationen stehende Stimmung und gehen auf diese ein.

Wenn der erkrankte Mensch noch in der Lage ist zu erkennen, dass er in einer Situation nicht angemessen reagiert hat, kann das bei ihm Unruhe und Resignation auslösen.

Demente benötigen viel Zeit für alle Reaktionen und Handlungen. In fortgeschrittenen Stadien ist beispielsweise eine ausreichende Ernährung auf natürlichem Weg nicht mehr möglich, weil die Betroffenen aufgrund ihrer schweren Antriebsstörung nicht mehr in der Lage sind, die Nahrung hinunterzuschlucken. Die Geduld und die zeitlichen Möglichkeiten der Pflegenden stoßen deswegen regelmäßig im Spätstadium an ihre Grenzen.

Menschen, die an Demenz erkrankt sind, fühlen sich oft falsch verstanden, herumkommandiert oder bevormundet, da sie die Entscheidungsgründe der sie Pflegenden nicht erfassen können. Überraschend viele an Demenz erkrankte Personen können ihre Wünsche ausdrücken.[24] Manche sind noch in der Lage, zu spüren, wenn sich Mitmenschen langweilen oder von ihrem Verhalten peinlich berührt sind. Im Spätstadium geht immer mehr auch die Fähigkeit zum emotionalen Kontakt verloren, was für die Angehörigen sehr belastend sein kann.

Demenzkranke reagieren gelegentlich sehr verärgert, wenn man sie für Dinge verantwortlich macht, die sie inzwischen vergessen haben. Damit werden sie gleich doppelt in die Enge getrieben: einmal dadurch, dass ihnen vorgeworfen wird, absichtlich Fehler zu begehen, und zum anderen, weil sie mit ihren Schwächen - sich nicht erinnern zu können - konfrontiert werden.

Auch demenzkranke Menschen haben noch Gefühle. Besonders Depressionen sind ein häufiges Problem, oft bereits vor der Manifestation der Demenz, oft dann, wenn die Betroffenen ihren geistigen Verfall wahrnehmen. Da die Symptome einer Depression denen der Demenz ähneln, können beide Krankheiten bei unzureichenden Kenntnissen verwechselt werden. Je weiter die Demenz fortschreitet, desto mehr verflacht aber auch die Gefühlswelt, und weicht parallel zu einer zunehmenden Interessenlosigkeit einer affektiven Indifferenz mit der Unfähigkeit, sich zu freuen oder traurig zu sein bzw. die Emotionen auszudrücken.

Der Umgang mit Demenzkranken sollte an deren verändertes Erleben angepasst sein. Als hilfreiche Methoden im Umgang mit Demenzkranken haben sich erwiesen: Validation, Biografiearbeit/Erinnerungspflege, Basale Stimulation und die Selbsterhaltungstherapie (SET) nach Barbara Romero.
Therapie
Medikamentöse Therapie

Seit einigen Jahren stehen Medikamente gegen Demenz zur Verfügung (Antidementiva). Zum einen handelt es sich um zentral wirksame Cholinergica (Cholinesterasehemmer) wie Donepezil, Galantamin oder Rivastigmin, zum anderen Memantin. Dabei zeigt die klinische Erfahrung, dass auf der einen Seite manche Patienten sehr gut von den Medikamenten profitieren, andere überhaupt nicht. Heilbar ist die Demenz zur Zeit nicht, aber in vielen Fällen in ihrem Verlauf um 1 bis 2 Jahre aufzuhalten, wenn sie frühzeitig erkannt und behandelt wird. Im späteren Verlauf zeigt sich, dass eine Behandlung mit den bisher bekannten Medikamenten keine Besserung bringt. Seit einiger Zeit steht auch eine Therapie mit einem wirkstoffhaltigen Pflaster zur Verfügung. Durch gleichbleibende Wirkspiegel treten weniger Nebenwirkungen auf, sodass eine höhere Dosierung möglich ist. Zugleich wird die Betreuung durch Pflegekräfte erleichtert, da die Anwendung des Pflasters häufig einfacher als die Verabreichung von Tabletten oder Lösungen ist. Ziel ist es, die kognitiven Fähigkeiten und die Alltagskompetenz der betroffenen Patienten zu verbessern.

Als in ihrer Wirkung umstritten gelten Ginkgo, Knoblauch, Piracetam. Alle beruhigenden Medikamente, die beispielsweise bei Schlafstörungen oder Verschiebungen des Tag-Nacht-Rhythmus gegeben werden, verschlechtern die kognitive Leistung. Dasselbe gilt für Neuroleptika mit anticholinerger Nebenwirkung, die manchmal bei Halluzinationen nicht zu umgehen sind.

Die medikamentöse Behandlung der vaskulären Demenz entspricht einerseits der Behandlung der chronischen Gefäßerkrankungen (Arteriosklerose), andererseits haben sich auch bei der Demenz Antidementiva als wirksam erwiesen, sowohl Azetylcholinesterasehemmer als auch Memantine.
Gedächtnistraining

Gedächtnistraining unterscheidet sich von Gehirnjogging dadurch, dass es sich an ein erkranktes Publikum wendet oder zur Prävention eingesetzt wird und nicht den Charakter eines Sports oder einer reinen Freizeitbeschäftigung hat. Ein Wirksamkeitsnachweis konnte für die Aufgaben erbracht werden, die geübt wurden, wie zum Beispiel das Wiedererkennen von Gesichtern auf Fotos oder die Orientierung in der Umgebung. Die Alltagsrelevanz des Gedächtnistrainings in der sozialen Betreuung von Demenzerkrankten ist umstritten, da die Gefahr besteht, dass die Betroffenen mit ihren Defiziten konfrontiert werden, und es eher zu einer Verschlechterung der Gesamtsituation führt, wenn sich die Betroffenen als Versager fühlen. Deshalb wird diese Methode der sozialen Betreuung von Demenzkranken nur in den Anfangsstadien der Krankheit und angepasst an die jeweilige Krankheitslage angewandt.
Biografiearbeit

Verstehen des Bewohners

Versuchen Sie durch Biografiearbeit zu erfahren, welche Bedeutung bestimmte Verhaltensweisen für den dementen Menschen haben ( Was bedeutet es, wenn Herr M. abends nicht schlafen gehen will? Will er signalisieren: „Ich vermisse noch meinen Schlaftrunk.“, oder meint er: „Ich vermisse beim Schlafengehen meine Ehefrau.“?). Je gründlicher die Biografie sowie die Gewohnheiten und Eigenheiten eines Menschen bekannt sind, umso leichter werden Sie ihn verstehen können. Auch hier ist wieder eine gründliche Dokumentation und eine enge Zusammenarbeit aller an der Pflege beteiligten Personen notwendig.

Quelle: Thiemes Altenpflege (Herausgegeben von Ilka Köther) (Auflage von 2005)

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